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DVZ: „Wir steuern auf einen Kollaps zu“; Chemieindustrie klagt über EU-Infrastrukturpolitik und Vergabe der Brüsseler Zuschüsse

Mehr EU-Geld für die deutsche Infrastruktur – und weniger üppige Überweisungen an die erst jüngst der Union beigetretenen Staaten Mittel- und Osteuropas (Kohäsionsländer). Das ist im Kern die Forderung der Initiative Verkehrsinfrastruktur im Verband der Chemischen Industrie. Deren Sprecher Gerd Deimel hat sie in Brüssel vorgetragen. Der Vizepräsident von Lanxess Deutschland betonte, die Chemie als „eine der transportintensivsten Branchen in Deutschland“ sei besonders auf „eine sichere und zuverlässige Logistik angewiesen“. In der Gesellschaft allgemein, aber auch bei politischen Entscheidern im Besonderen sei die Bedeutung der Infrastruktur für eine funktionierende Logistik noch nicht angekommen. Das zeige sich bei der jüngsten Ausschüttung von Mitteln der Connecting Europe Facility (CEF). Die sei „für Deutschland enttäuschend“, hob auch der CDU-Abgeordnete im Europäischen Parlament (EP) Markus Pieper hervor.

Pieper, Mitglied im EP-Verkehrsausschuss, wies auf „70 eingereichte deutsche Anträge auf CEF-Mittel“ hin, von denen „nur 6 ausgewählt wurden“. Allerdings machte Pieper auch kein Geheimnis daraus, dass die Bundesregierung zu den EU-Staaten gehöre, die sich in der Debatte über die CEF einer Erweiterung des Finanztopfes entgegengestellt hätten.

Privilegien der Kohäsionsstaaten…

Bei der nächsten Ausschüttung der CEF-Mittel müsse konsequenter beleuchtet werden, ob die Sonderbehandlung der Kohäsionsstaaten noch sinnvoll ist. 11,3Mrd.EUR von insgesamt 24Mrd. an CEF-Zuschussmitteln können nur in die zuletzt in die EU eingetretenen Staaten vergeben werden. Da deren Wirtschaft aber abhängig von Zulieferungen aus Westeuropa sei und ihre Produkte auf Märkte im Westen der Union bringen müsse, profitierten die Staaten auch, wenn in das Verkehrsnetz Deutschlands investiert werden könne. Sechs der neun Korridore der Transeuropäischen Verkehrsnetze führen durch Deutschland und machen das Land zum wichtigsten Transitland in der EU: bereits jetzt für die Nord-Süd-Route und bald auch für Ost-West-Transporte. Es sei deshalb vielfach europäische Logistik auf deutschen Straßen und Schienen. Die im EP ohne Erfolg bekämpfte Umschichtung von CEF-Mitteln in den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (Efsi) kritisiert auch Deimel, weil dadurch „Investitionen in die grenzüberschreitende Verkehrsinfrastruktur verhindert werden“. Pieper hält die Umwidmung für „kontraproduktiv“, weil sich für Investitionen in „Binnenwasserstraßen und Schienenverbindungen kaum ein Anleger interessiert“.

…und Best-Practice-Fälle…

Parlamentarier und die Verkehrsinitiative haben zunächst zwei Schritte konkret vereinbart: Sie wollen zum einen darauf hinwirken, dass nach jedem Haushaltsjahr genau geprüft wird, welche überschüssigen Budgetmittel in die CEF zurückfließen könnten. Zum anderen, ergänzte Pieper, will man feststellen, wo in Europa die Infrastrukturfinanzierung gut funktio niert, und die Staaten und die dort zuständigen Institutionen als Best-Practice-Fälle bekanntmachen. Deimel, für den „wir bei der Infrastruktur auf eine kollabierende Situation zusteuern“, formuliert drei weitere Punkte, die in Angriff genommen werden müssen. Da wäre zunächst die bessere Anbindung der Seehäfen an das Hinterland. Dabei denkt der Lanxess-Vize besonders an die Ports Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam. Vor allem der belgische Hafen, die Nummer zwei in Europa, habe für die deutsche Chemie industrie eine enorme Bedeutung. Konkret fordert der Manager, dass er „durch den Eisernen Rhein – oder eine adäquate alternative Eisenbahnstrecke – besser angeschlossen wird“.

…sowie Brückenmodule prüfen

Weiter spricht sich Deimel für eine Stärkung von Bahn und Binnenschiff sowie für zusätzliche Knotenpunkte aus, die die verschiedenen Verkehrsträger miteinander verknüpfen. Hier müsse die EU weit mehr tun, um die in ihrem Weißbuch Verkehr formulierten Ziele zu erreichen. Und er fordert schließlich, die teure Sanierung von Brücken durch Standardisierung von Bauteilen preiswerter zu machen. Module seien billiger und schneller verfügbar. BT_Infokasten_Kopf BT_Infokasten_Kopf

Elbe-Havel-Kanal: „Viele Schleusen in Deutschland sind schlechter, als das EU-Weißbuch vorschreibt“, moniert die Chemieindustrie. Sie will Kanäle und Flüsse mehr nutzen.

Veröffentlicht am 3. Juli 2015 in
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